Freiwilligendienst_Rottenburg-Stuttgart_Baden-Wuerttemberg_kurz

Pflegeberuf im FSJ praktisch erleben

Der Bundestagsabgeordnete Benjamin Strasser hat in der Oberschwabenklinik in Ravensburg junge Freiwillige sowie Vertretungen des Klinikums und der Freiwilligendienste in der Diözese Rottenburg-Stuttgart gGmbH zum Gespräch getroffen.

Ein Freiwilliges Soziales Jahr, kurz „FSJ“, hilft bei der beruflichen Orientierung. Es trägt zur Persönlichkeitsbildung junger Menschen bei. Umgekehrt kommt ihr Einsatz der Gesellschaft zugute. Der tägliche Einsatz engagierter Freiwilliger ist für ein großes Klinikum unverzichtbar. Das alles hat der FDP-Bundestagsabgeordnete Benjamin Strasser bei einem Besuch an der Basis, der FSJ-Einsatzstelle im St. Elisabethen-Klinikum (EK) der Oberschwabenklinik (OSK) in Ravensburg, erfahren.

Johannes Breuninger steht am Ende seines FSJ am EK. Unmittelbar nach dem Abitur mit erst 17 hat er sich noch zu jung gefühlt, um sofort das angestrebte Medizinstudium zu beginnen. „Ich wollte zunächst einen Einblick in die Praxis gewinnen“, erzählt er. „Mit Arbeitszeiten von Montag bis Freitag?“, fragt Benjamin Strasser und ahnt schon die Antwort. „Schön wär’s“, erwidert Johannes Breuninger. Freiwillige müssen im Klinikum voll ran. „Ich habe an mindestens zwei Wochenenden im Monat gearbeitet, auch neun Tage am Stück.“ Dann aber mit vier freien Tagen in Folge als Ausgleich. Als abwechslungsreich und flexibel erlebt Johannes Breuninger den Klinikalltag.

„Wenn wir engagierte Freiwillige haben, die etwas lernen wollen, dann macht es richtig Spaß mit ihnen“, lobt Claudia Keller, Leiterin Pflege- und Prozessmanagement bei der OSK, die jungen Leute. Aus dem Klinikum seien sie nicht mehr wegzudenken. Mit über 30 FSJ-Plätzen im EK Ravensburg, dem Westallgäu-Klinikum in Wangen und dem Krankenhaus Bad Waldsee ist die OSK eine der großen Einsatzstellen in der Region. Freiwillige arbeiten auf Normal- und Intensivstationen, im OP, in der Notaufnahme, in der Technik oder in den Servicediensten.

„Die OSK spiegelt die ganze Vielfalt des FSJ wider“, sagt Petra Honikel, Geschäftsführerin der Freiwilligendienste in der Diözese Rottenburg-Stuttgart gGmbH (Freiwilligendienste DRS gGmbH). Von den 17.000 Menschen, die in Baden-Württemberg jährlich das FSJ oder den Bundesfreiwilligendienst (BFD) ableisten, betreut ihre Einrichtung 1.200. Das Verhältnis von Frauen zu Männern beträgt 2:1. Die Hälfte der Freiwilligen hat Abitur, ein gutes Drittel einen Realschulabschluss und zehn Prozent einen Hauptschulabschluss. Außerdem wird der Bundesfreiwilligendienst für Personen über 27 Jahren angeboten.
„Die Nachfrage nach FSJ und BFD ist groß“, berichtet Petra Honikel. „Insbesondere das Programm mit bundesweit 10.000 Plätzen für Geflüchtete sollte erhalten bleiben“, appelliert sie an den Abgeordneten. „Auch die OSK biete Plätze für Geflüchtete“, lobt Honikel das Klinikunternehmen. „Mit gutem Erfolg“, ergänzt Claudia Keller. Ein Geflüchteter hat direkt nach dem FSJ eine Pflegeausbildung begonnen. Immer wieder gelinge es, aus den Reihen der Freiwilligen dringend gesuchte Bewerber- und Bewerberinnen für die Pflegeberufe zu gewinnen.

Auch Elisabeth Landgraf könnte sich vorstellen, nach ihrem FSJ in der Pflege zu bleiben. Wenn nur die Bezahlung besser wäre. „Ein schwieriges Thema“, meint Benjamin Strasser. „Für mehr Geld in der Pflege kann man sich leicht stark machen. Aber wie soll man es finanzieren?“, fragt der Abgeordnete. Die 19-Jährige sieht die Politik in der Pflicht: „Gibt es Ideen, wie man das Problem lösen könnte?“ Geld sei wichtig, aber es geht nicht allein um die Bezahlung, meint Strasser. Pflegestudium, Karriere in der Pflege und der Frust wegen überbordender Dokumentationsbürokratie seien weitere Stichworte. „Schade“ findet es der Abgeordnete, dass diese Themen im Bundestagswahlkampf keine große Rolle gespielt haben, „obwohl es irgendwann jeden betrifft“.

Es geht im FSJ nicht allein um Berufsorientierung. „Junge Menschen lernen soziale Kompetenz“, nennt Ursula Döbele, Referentin der Freiwilligendienste DRS gGmbH, das zweite große Ziel. Anna Bühler, auf der Wahlleistungsstation A 51 im EK eingesetzt, bestätigt es. Sie habe gelernt, auf Menschen viel freier zuzugehen, ohne Angst davor, etwas Falsches zu sagen. „Man kommt mit den Patienten in tolle Gespräche und wird von den Ärzten wertgeschätzt“, meint auch Elisabeth Landgraf. Eine Voraussetzung gibt es, damit das FSJ gelingt, betont Ursula Döbele: „Die Anleitung muss stimmen.“

Die vier Jugendlichen sind allesamt davon überzeugt, mit dem FSJ bei der Oberschwabenklinik die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Annika Ehrlich hat auf der Intensivstation auch schwer leidende und sterbende Menschen erlebt. Sie würde sich wünschen, dass die Erfahrungen aus dem FSJ bei der Studienplatzvergabe stärker ins Gewicht fallen, gibt sie Benjamin Strasser mit auf den Weg nach Berlin. „Wir haben doch den Umgang mit Menschen schon gelernt!“

Der Abgeordnete fragt, ob eine Zusammenlegung von Freiwilligem Sozialen Jahr und Bundesfreiwilligendienst sinnvoll wäre. „Nur einen Dienst zu haben, ist nicht realistisch“, meint Petra Honikel. Jetzt gebe es zwei Formate, deren Unterschiede zwar nicht riesig sind, die sich aber doch nicht völlig gleichen. Auch die Dauer passt, finden die Jugendlichen. „Zwei bis drei Monate brauche man für die Einarbeitung", sagen Johannes Breuninger und Annika Ehrlich. Danach fühlt man sich als Teil des Teams. „Ein Jahr ist in Ordnung.“

Benjamin Strasser nimmt aus dem Besuch viele positive Eindrücke mit. „Der Freiwilligendienst ist ein wichtiger Bestandteil in unserer Gesellschaft. Die Freiwilligen sammeln wichtige Erfahrungen und stärken damit ein gutes Miteinander in unserem Land. Es lohnt sich, dieses Engagement zu fördern.“